04.10.2021

Spielraum für Nachhaltigkeitskriterien

Mit einer Wucht und Vehemenz wirbelt die aktuelle Neu-Ausrichtung von Immobilienprojekten auf ESG-Kriterien den Markt auf, als hätte der Markt noch nie davon gehört. Dabei ist das Thema streng genommen nicht neu. Das alte Nachhaltigkeitsdreieck mit den drei Eckthemen Ökologie, Ökonomie und Soziales ist vielmehr durch nunmehr durch die sogenannten Sustainable Development Goals (SDG), 17 durch die Vereinten Nationen formulierte Nachhaltigkeitskriterien, erweitert und präzisiert worden. 

Auch in der Praxis wird schon seit geraumer Zeit Nachhaltigkeit eingefordert – wenngleich mitunter lediglich hinsichtlich spezifischer Punkte. Im größeren Innenstadtquartier haben sowohl Gesetzgebung als auch Lokalpolitik, soziale wie marktwirtschaftliche Erfordernisse und die Ergebnisse aus partizipativen Prozessen schon länger weitreichende diesbezügliche Bausteine vorgegeben und eingefordert: Wohnen und Arbeiten sollte miteinander vereinbar sein, frei finanzierter neben öffentlich gefördertem Wohnungsbau bestehen, Kindertagesstätte und mitbestimmendes studentisches Wohnen eingeplant werden. Einige Innenstadtquartier sollten autofrei realisiert werden oder zumindest ein nachhaltiges Mobilitätskonzept vorweisen. Und Nachhaltigkeit wurde auch eingefordert für das Energiekonzept, so dass Dächer mit Solarpaneelen entstanden sowie üppig bepflanzte Dachgärten.

Und so hatten auch größere Quartiere, die Pflicht und die Chance, innerstädtisch unterschiedliche Nutzungen in Stadtquartieren zu neuen lebendigen und sozial orientierten Nachbarschaften zusammenzufügen – wie zum Beispiel das Stadtquartier maxfrei in Düsseldorf.

Projekte in Düsseldorf-Stadtmitte sind zwar kein wirklicher Hebel zur Behebung globaler Armut oder Verringerung der Ungleichheit. Wohl aber möchte das maxfrei ein Beitrag für bezahlbaren Wohnen für viele Menschen sein: 50 Prozent beträgt der Anteil öffentlich geförderten Wohnungsbaus, hiervon werden 30 Prozent der Fläche für ein öffentlich gefördertes Studentenheim realisiert. Auf die Forderung nach gesundem Leben für alle Menschen reagiert das Projekt, indem der gesamte Personen-Kraftwagen-Verkehr in eine Tiefgarage verbannt wird. Diese wird durch eine dicke Substratschicht zur innerstädtischen Erholungsfläche. Weil auch die Dächer begrünt sind, wird das Mikroklima des Quartiers verbessert. Zudem unterstützt dies die Wasserversorgung durch Regenrückhaltung und -speicherung.

Nachhaltige und moderne Energie bezieht das Quartier in Form einer Fernwärmeversorgung sowie aus auf Dächern installierte Solarelemente. Verbunden mit energiesparender Bauweise sollten nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sichergestellt und den Forderungen des Klimawandel entsprochen worden sein.

Auf die Forderung nach Bildung für alle reagiert die Integration einer Kindertagesstätte sowie die Erweiterung einer weiterführenden Schule außerhalb des Quartiers.

Ein dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum und menschenwürdige Arbeit soll durch die gewerblichen Nutzungen mit neuen Arbeitsplätzen unterstützt werden. Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksamen und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen soll nicht zuletzt eine digitale soziale Quartiersapp, welche die Bewohner, Studierenden und Beschäftigen im Quartier untereinander vernetzen soll.

Über den Autor:

Zunächst ab 2009 als Projektleiter und Leiter Projektentwicklung Wohnen, seit 2019 als Geschäftsführer für den Bereich Wohnen beschäftigt sich der 1971 geborene Alexander Schmitz für die INTERBODEN Gruppe mit der Quartiersentwicklung.